Sternenkinder

Im Rahmen meines Themenmonats im April 2019 habe ich Geschichten von Sterneneltern gesammelt und veröffentlicht.
Sterneneltern fühlen sich meistens unsichtbar, weil das Kind eben fehlt und zudem wird das Sternenkind totgeschwiegen, manchmal sogar in der eigenen Familie.

Ich möchte, dass alle Sterneneltern sichtbar werden, dass das Thema Fehlgeburt, Totgeburt oder stille Geburt kein Tabu mehr ist und dass die Sternenkinder nicht in Vergessenheit geraten.

Cathrin und ihre Sternentochter

Nun schreibe ich tatsächlich das erste Mal meine, unsere Geschichte auf…
Ende Mai 2017 erfuhr ich,dass ich das dritte Mal schwanger bin. Ein absolutes Wunschkind. Wir haben uns riesig gefreut und alles war super.
Meine Frauenärztin meinte zwar, ich hätte ein Hämatom am äußeren Rand der Gebärmutter, aber das gebe es öfter und wäre kein Grund zur Sorge. Trotzdem legte sie mir nahe, zum Ersttrimsterscreening zu fahren, um alles abzuklären.

Ich wollte zunächst nicht,aber mein Mann und ich entschieden uns dann doch zu fahren. Und die dann folgenden sechs Tage im Juli 2017 liefen wie im Film ab.

Die Fahrt dorthin war schlimm. Mein Mann fuhr und ich bekam -zum Glück am Beifahrersitz- mitten auf der Autobahn eine Panikattacke. Im Nachhinein denke ich, dass ich irgendwie gespürt habe, dass etwas nicht stimmt.

In der Praxis warteten wir noch ein bisschen und durften dann in den Untersuchungsraum. Der Arzt war sehr freundlich, klärte uns auf und dann fing er mit dem Ultraschall an.

Und schwieg.

Und schwieg.

Es kam mir vor wie eine Ewigkeit

Dann der Satz, der mich bis heute immer wieder verfolgt:

„Es gibt einige Auffälligkeiten an ihrem Kind.“

Ich schaute meinen Mann an, er schaute mit leerem Blick zurück. Und ab da war ich wie in einem Tunnel. Ich wollte weglaufen, konnte aber nicht. Der Arzt erklärt uns noch, dass die Herzkammern nicht abgetrennt seien, und irgendetwas von einem „AV Kanal Defekt“. Die rechte Hand unseres Babys fehlte auch.

Er riet uns zu einer Fruchtwasseruntersuchung, die er am nächsten Morgen um 6 Uhr vor seiner Sprechstunde durchführen könnte. Dadurch wurde uns die Dringlichkeit bewusst.

Wir verließen die Praxis und fuhren wortlos nach Hause.

Am nächsten Morgen dann die Fruchtwasseruntersuchung. Schmerzhaft, aber nichts gegen den Schmerz und die Sorge, die in mir war.
Das Ergebnis der Fruchtwasseruntersuchung bekamen wir am nächsten Tag. Der Anruf erreichte meinen Mann im Wartezimmer meiner Frauenärztin. Der Verdacht, dass zusätzlich zu dem Herzfehler und den Fehlbildungen noch Trisomie 21 vorliegt, wurde bestätigt.
Der allgemeine Befund des Arztes lautete nicht lebensfähig. Diesen Befund bestätigten uns dann noch sowohl meine Frauenärztin als auch mein Hausarzt.

Ein Schlag. Es tat so weh.

Das Wochenende versuchten wir ruhig zu verbringen. Wir entschieden uns für einen medizinisch initiierten Abbruch. Da ich in der 14. SSW war, folgte dieser unter Vollnarkose.
Montags telefonierte ich diesbezüglich mit dem operierenden Arzt, der auch sagte, dass uns die Entscheidung abgenommen wurde (worüber ich auch trotz allem froh bin).
Dienstag dann die OP. 25.07.2017.

Ich sehe es so, dass wir uns nicht gegen unser Kind, sondern für es entschieden haben. Trotz oder gerade wegen des medizinisch notwendigen Abbruchs. Für mich war es immer wichtig, „die Seele freizulassen“. Befreien aus dem kranken, nicht lebensfähigen Körper…

Leider habe ich unsere Kleine nie gesehen. Ich wünschte, ich könnte die Zeit zurückdrehen und das nachholen. Aber sie ist immer bei uns. Und sie wird nie vergessen.

Ende August war dann die Beisetzung. Es war schön und so wichtig für uns. Unsere Kleine ist nun in einem Gemeinschaftsgrab mit anderen Sternenkindern.

 

Ich bin sehr dankbar, dass Cathrin extra für diesen Anlass ihre Geschichte zum 1. Mal aufgeschrieben und geteilt hat. Ich weiß, dass das sehr viel Überwindung kostet! 

Bisher keine Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert