Im Rahmen meines Themenmonats im April 2019 habe ich Geschichten von Sterneneltern gesammelt und veröffentlicht.
Sterneneltern fühlen sich meistens unsichtbar, weil das Kind eben fehlt und zudem wird das Sternenkind totgeschwiegen, manchmal sogar in der eigenen Familie.

Ich möchte, dass alle Sterneneltern sichtbar werden, dass das Thema Fehlgeburt, Totgeburt oder stille Geburt kein Tabu mehr ist und dass die Sternenkinder nicht in Vergessenheit geraten.

 

Unser Sternenkind Mia

Unsere Geschichte beginnt am 22.8.2018, da hielt ich nämlich das erste Mal einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand und das in unseren Flitterwochen. Mein Mann und ich konnten es nicht wirklich glauben, denn das war doch erst der erste Zyklus nachdem ich die Pille abgesetzt hatte. Wir haben uns natürlich riesig gefreut aber wir wollten auch erstmal die Bestätigung vom Frauenarzt abwarten. Es hieß also noch eine Woche warten bis wir Gewissheit haben sollten. Am 29.8.2018 hatte ich also meinen Termin beim Arzt. Auch dort wurde wieder ein Test gemacht, der mehr als eindeutig war, doch auf dem Ultraschall war noch nichts zu sehen. Mein Arzt beruhigte mich uns sagte mir ich solle doch in zwei Wochen wieder kommen. Bis dahin waren das die 2 längsten Wochen meines Lebens.

Am 10.09.2018 war es dann soweit, ich durfte das erste Mal das Herz unserer kleinen Mia schlagen sehen. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl. Von diesem Moment an war ich nur noch glücklich.

Die Schwangerschaft verlief ohne Probleme. Ich hatte nicht mit Übelkeit zu kämpfen, hatte keine Heißhunger Attacken und auch sonst war alles perfekt. Bei jeder Routineuntersuchung sagte mir mein FA was ich doch für eine Vorzeigeschwangere wäre. Ich habe meine Termine beim FA geliebt. Unsere kleine Mia war immer ganz vorbildlich. Sie war zeitgerecht entwickelt und hat bei jedem Ultraschall ganz viel quatsch gemacht, sodass wir immer etwas zu lachen hatten.

Während der SS hatte ich jedoch immer wieder ein mulmiges Gefühl und auch Angst, es könnte etwas passieren. Ich war so glücklich und alles schien so perfekt, dass ich dem ganzen nicht traute und meine Befürchtungen sollten sich bestätigen.

Am 2.1.2019 habe ich das letzte Mal unsere Tochter Mia lebend gesehen

Es stand wieder ein Kontrolltermin beim FA an und alles war wie immer in bester Ordnung.

In der Nacht vom 2.1.auf den 3.1. habe ich unsere Tochter das letzte Mal gespürt. Ich habe mich so über die kleinen Tritte gefreut, denn es war das erste Mal, dass ich sie so stark gespürt habe. Wenn ich doch nur hätte ahnen können das etwas nicht stimmte. Am 3.1.2019 habe ich über den ganzen Tag unsere kleine Maus nicht gespürt, aber ich habe mir nichts weiter dabei gedacht und dachte nur sie ist bestimmt müde oder liegt blöd. Am 4.1., als ich noch immer keine Bewegungen gespürt habe, habe ich meine Hebamme angerufen. Sie hat mir gut zugeredet und mir erklärt, dass sich die Kleinen auch mal eine Auszeit nehmen und das ganz normal ist wenn man sie mal 2-3 Tage nicht spürt. Also habe ich versucht mich zu entspannen und mich schlafen gelegt.
Jedoch war in dieser Nacht an Schlaf nicht zu denken. Ich war sehr unruhig und habe mir ganz viele Gedanken gemacht. Ich habe versucht auf verschiedene Art unsere kleine zu wecken, doch es passierte einfach nichts. In meinem Bauch blieb es ruhig.

Am Morgen des 5.1.2019 bin ich dann in Krankenhaus gefahren. Mein Mann musste arbeiten, also bin ich alleine hin. Ich hatte ja immer noch die Hoffnung, dass alles in Ordnung ist. Im Krankenhaus angekommen, hat mich eine ganz tolle Hebamme empfangen. Es hat keine 10 Minuten gedauert und dann wurde ich auch schon von der Stationsärztin untersucht. Sie fing an zu schallen. Ich war nervös und hatte Angst. Ich habe mich nicht getraut auf den Monitor zu schauen. Die Ärztin blieb still. Sie schallte und schallte doch sagt nix. Da wusste ich, es stimmt etwas nicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit sagte sie dann mit einer ganz zittrigen Stimme: „Es tut mir leid, aber ich finde keinen Herzschlag.“ Von diesem Moment an kann ich mich an nichts mehr erinnern. Sie erklärte mir wie wir jetzt weiter vorgehen, doch ich sagte immer nur ich muss meinen Mann anrufen. Kann ich bitte gehen. Ich muss meinen Mann anrufen. Das tat ich dann auch. Das schlimmste Telefonat meines Lebens. Ich rief meinen Mann bei der Arbeit an. Er ging glücklich ans Telefon und frage ob mit der kleinen alles in Ordnung ist. Ich habe es kaum über die Lippen gebracht und sagte nur leise: du musst bitte kommen, schnell. Ihr Herz, es schlägt nicht mehr.

Ich wurde dann in ein Zimmer gebracht ganz am Ende des Flurs. Das war gut, denn ich habe während meines Aufenthalt keine Schwangere und keine anderen Babys gesehen oder schreien hören.

Als mein Mann kam, saß ich auf dem Bett und starrte nach draußen.

Er kam rein, nahm mich in den Arm und unsere Welt ist zusammengebrochen

Ich wurde dann nochmal von der Oberärztin untersucht und auch sie konnte keine Herzaktivität mehr finden. Sie erklärte mir und meinem Mann wie wir jetzt weiter vorgehen würden. Wir würden also die Geburt einleiten. Im ersten Moment ein Schock für uns. Wie sollten also unser Kind, dass nicht mehr lebt normal zur Welt bringen?! Ein ganz schlimmer Gedanke. Doch man erklärte uns, dass ein Kaiserschnitt Risiken mit sich bringen würde und es für die Verarbeitung wichtig wäre, auf normalen Weg zu entbinden.

Wir wurden dann wieder in das Familienzimmer gebracht und dann haben wir erstmal unsere Familien angerufen. Besser gesagt mein Mann Tat das, denn ich war dazu nicht in der Lage. Um 14 Uhr habe ich dann die erste Tablette zum einleiten bekommen. Es war schrecklich, denn ich wusste mit der Einnahme der Tabletten werde ich mein Kind gehen lassen. Mittlerweile war auch der engste Kreis der Familie da. Was für mich sehr gut war, denn sie haben uns beide ganz toll unterstützt. Bis 22 Uhr hat sich nichts getan, keine Wehen aber ich war mit meiner Kraft am Ende und somit beschlossen wir die Einleitung erstmal ruhen zu lassen und ich bekam Schlafmittel um mich ausruhen zu können. Mein Mann und meine Mama sind bei mir geblieben und der Rest der Familie ist heim gefahren.

Die Nacht war kurz, aber immerhin konnte ich ein wenig schlafen. Am nächsten Morgen um 7 Uhr ging es dann weiter. Ich habe wieder 2 Tabletten zum einleiten bekommen. Um 11 Uhr die nächsten 2 Tabletten und dann ging es los. Wehen, alle 10 Minuten. Von jetzt auf gleich. Schmerzen. Schreckliche Schmerzen. Unsere Familien waren wieder da und haben versucht so gut es geht uns zu unterstützen. Ich wollte sie alle bei mir haben. Mit der Anwesenheit unserer Familien war ich abgelenkt. Ich war noch nicht bereit unsere Tochter gehen zu lassen und deshalb wollte ich sie alle bei mir haben.

Irgendwann aber am späten Nachmittag kam der Moment in dem ich zu meinem Mann sagte: Du kannst sie nach Hause schicken, ich glaube es wird Zeit. Unsere Familien gingen um 18 Uhr nach Hause, nur mein Mann und meine Mama sind geblieben und 30 Minuten später ist meine Fruchtblase geplatzt. Ich hatte alle 2 Minuten wehen und plötzlich war der Muttermund bei 8cm und die Hebamme sagte, dass sie das Köpfchen bereits sehen kann.

Am 6.1.2019 um 20:25 kam unsere wunderschöne, perfekte kleine Tochter Mia in der 24 SSW still zur Welt. Sie wog 570g und war 30cm groß. Ja sie war wunderschön. Mein Mann hat dann die Nabelschnur durchgeschnitten und ich habe sie auf den Arm bekommen. Es war der schönste und zugleich traurigste Moment in meinem Leben.

Ich wurde dann ziemlich schnell in den OP gebracht zur Ausschabung und mein Mann hatte 2 Stunden alleine mit seiner Tochter. In dieser Zeit hat er sie angezogen und es wurden wundervolle Bilder gemacht. Als ich aus dem OP kam war die Sternenfotografin bereits weg und ich habe diesen wundervollen Moment verpasst, aber es beruhigt mich zu wissen, dass mein Mann bei unserer Tochter war und sie 2 Stunden Papa-Tochter Zeit hatten.

Wir haben unsere Tochter die ganze Nacht bei uns gehabt. Ich habe versucht mir jedes Detail zu merken

Wir haben mit ihr gekuschelt, sie geküsst und ihr gesagt wie sehr wir sie lieben. In dieser Nacht schliefen wir gemeinsam das Erste und letzte Mal, zu dritt als Familie in einem Bett.

Am nächsten Morgen war dann der Zeitpunkt gekommen um sich zu verabschieden. Ich weiß bis heute nicht wie wir es geschafft haben die Schwester zu rufen. Wir sagten ihr noch ein letztes Mal wie glücklich wir sind, ihre Eltern sein zu dürfen, wie sehr wir sie doch lieben. Dann gaben wir ihr einen letzten Kuss und sie war weg.

Unsere kleine Mia wurde 4 Tage später auf einer Sternenwiese beerdigt. Der Gedanke, dass sie dort nicht alleine ist beruhigt mich.

Alles war wir jetzt noch tun können, ist von ihr zu erzählen, damit sie niemals vergessen wird. Die Liebe zu unserer Tochter ist bedingungslos und heute kann ich sagen, dass es für mich nichts Schöneres gibt als ihre Mama zu sein. Auch wenn sie nicht bei uns sein kann, bin ich unfassbar stolz.

Das ist deine Geschichte kleine Prinzessin. Mama und Papa lieben dich, wir lieben dich unendlich!! Irgendwann sehen wir uns wieder und bis dahin kämpfen wir weiter. Für Dich, für uns und für deine Geschwister die du uns schicken wirst.

 

Alina findest Du hier bei Instagram

 

Bisher keine Kommentare

    Schreibe einen Kommentar

    Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert